Elektronischer Rechtsverkehr (eRV)

Seit dem 1. Januar 2018 ist der elektronische Zugang zu allen deutschen Gerichten eröffnet. Die rechtlichen Grundlagen wurden durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) und die Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803) geschaffen.

Die für die Übermittlung elektronischer Dokumente sowie die Bearbeitung elektronischer Dokumente durch die Justiz maßgeblichen technischen Anforderungen regelt die Bekanntmachung zu § 5 ERVV des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.

Ab dem 1. Januar 2022 gilt die sog. aktive Nutzungspflicht. Ab diesem Zeitpunkt müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen in allen wesentlichen Verfahrensordnungen elektronisch einreichen (vgl. § 130d ZPO, § 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 52d FGO, § 55d VerwGO). Einreichungen per Papier oder Fax sind dann nur noch in begründeten Ausnahmefällen, z. B. bei akuten technischen Störungen, möglich.

Beweismittel unterliegen nicht der Pflicht zur elektronischen Einreichung. Die Prozessordnungen enthalten grundsätzlich keine Regelungen zu Art und Form der Übermittlung von elektronischen Akten. Eine Ausnahme bildet § 104 SGG, der eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert. Für den Aktenversand in Bußgeldsachen gilt die Bußgeldaktenübermittlungsverordnung (BußAktÜbV). Die Vorschriften zum elektronischen Rechtsverkehr sind in diesem Fall nicht anwendbar.

Ebenso sind dann gem. § § 14b FamFG auch Notarinnen und Notare in Angelegenheiten nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr verpflichtend zu nutzen. Darüber hinaus können auch Vollstreckungsaufträge von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts an Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher können ab dem kommenden Jahr nur noch auf elektronischem Weg eingereicht werden. In Strafsachen sollen Verteidiger gem. § 32d StPO ihre Schriftsätze als elektronisches Dokument übermitteln. Die Berufung und ihre Begründung, die Revision, ihre Begründung und die Gegenerklärung sowie die Privatklage und die Anschlusserklärung bei der Nebenklage müssen im Strafprozess als elektronisches Dokument übermittelt werden.

Die ERVV des Bundes regelt in wesentlichen Verfahrensordnungen (ZPO, FamFG, VwGO, ArbGG, SGG und FGO) die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen. Der elektronische Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz wurde in den vergangenen Jahren durch die Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz (ERVLVO) vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) bereits auch in anderen Verfahrensarten eröffnet (insbesondere für Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, in Grundbuchsachen und in Angelegenheit des Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregisters). Die ERVV des Bundes umfasst diese Bereiche nicht, die ERVLVO gilt insoweit also fort. Ebenso gelten die landesrechtlichen Regelungen der ERVLVO künftig auch noch für die Übersendung von Tabellen und Verzeichnissen im Sinne des § 5 Abs. 4 InsO, während im Insolvenzverfahren ansonsten die ERVV des Bundes Anwendung findet.

Die technischen Anforderungen an die Übermittlung und Bearbeitung elektronischer Dokumente im Geltungsbereich der ERVLVO des Landes die Bekanntmachung zu § 3 ERVLVO unter www.erv.justiz.rlp.de.

Die bundesrechtlichen Regelungen der ERVV gehen etwaigen konkurrierenden Regelungen der ERVLVO des Landes insoweit vor. Die ERVLVO wird derzeit umfassend novelliert und mit den Regelungen des Bundes harmonisiert werden.

Weiterführende Information zur konkreten Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs haben wir für Behörden, Berufsträger und andere professionelle Prozessbeteiligte hier zusammengetragen.

Bürgerinnen und Bürger können zur rechtssicheren elektronischen Kommunikation das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) verwenden. Hierzu stehen verschiedene Anwendungen zur Verfügung, die sogenannten EGVP-Drittprodukte (Übersicht hier). Elektronische Dokumente müssen für eine wirksame Einreichung qualifiziert elektronisch signiert werden. Dazu sind eine persönliche Signaturkarte und ein Kartenlesegerät erforderlich. Weitergehende Informationen zu entsprechenden Anbietern erhalten Sie auf der Internetseite der Bundesnetzagentur. Allgemein zugelassen für alle Beteiligten ist auch der Zugang über De-Mail. Der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos kann für die elektronische Kommunikation mit der Justiz verwendet werden, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt. Ein De-Mail-Postfach kann mit Kosten für die Einrichtung und den Versand von De-Mail-Nachrichten verbunden sein. Die Liste der De-Mail-Adressen zur elektronischen Kommunikation mit den rheinland-pfälzischen Gerichten und Staatsanwaltschaften finden Sie hier.

Ab 1. Januar 2022 steht natürlichen Personen, juristischen Personen sowie sonstigen Vereinigungen zusätzlich das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (kurz eBO) als sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung (§ 10 ERVV). Weiterführende Informationen zum eBO finden Sie unter https://egvp.justiz.de/buerger_organisationen/index.php.

Bei Einreichung über ein absenderauthentifiziertes De-Mail-Konto oder ein eBO ist die qualifizierte elektronische Signatur der eingereichten Dokumente grundsätzlich entbehrlich.

Dokumente, die aufgrund materiell-rechtlicher Vorschriften der Schriftform bedürfen, müssen unabhängig vom gewählten elektronischen Übermittlungsweg für eine wirksame Einreichung immer qualifiziert elektronisch signiert werden.